Ärzte, und ich fürchte, ich muss mich da auch immer mal wieder einschließen, neigen dazu, ihre Fachsprache zu verwenden. Als ich 2004 meinen Medizinstudienplatz bekam, ging es darum, dass die Universität uns regelhaft abgewöhnte, Dinge »auf gut deutsch« zu sagen. Das hat sie recht erfolgreich gemacht. Ich gebe zu, es man die einen oder anderen Begriffe geben, die man in der Fachsprache treffender oder mit weniger Worten sagen kann. Aber es gibt noch ein ganz anderes Problem – hausgemachte Missverständnisse:
In einer Studie wird verschiedenen Berufsgruppen – Ärzte, Architekten, Rechtsanwälten, jeweils eine Liste von Begriffen aus ihrem Fachgebiet vorgelegt. Sie sollen darin die Fachbegriffe markieren, die sie kennen, so nach dem Motto: Blinddarm, Wurzeldrüse, Zirbeldrüse, Zwölffingerdarm, ..., nur eben auf der lateinisierten Fachsprache. Was die Versuchsteilnehmer nicht wussten: Ein paar der Fachbegriffe waren schlicht erfunden. Und keine Berufsgruppe als die der Ärzte gab während der Studie an, besonders viele der tatsächlich erfundenen Fachbegriffe angeblich zu kennen! (die Wurzeldrüse aus meinem Beispiel gibt es übrigens beim Menschen nicht)
Gehen wir aber mal davon aus, dass niemand flunkert. Das erfordert allerdings immer wieder etwas Rückgrat: Nicht selten kommt es vor, dass mir ein Patient oder eine Patientin auf meine Bitte hin seine Medikamente aufzählt und dabei die Markennamen der Arzneien verwendet. Plötzlich kommt mir ein Name unter, den ich nicht kenne. Ich frage dann nach: »Entschuldigung, Godamed, das kenne ich gar nicht, ich schlage das mal gerade nach.« Einigen Patienten sehe ich an, dass sie gerade meine Kompetenz in Frage stellen. Meine Datenbank sagt dann: Acetylsalicylsäure (ASS). Gut, das kenne ich, wir können also mit der Aufnahme der Krankengeschichte fortfahren. Aber wie viel einfacher hätte ich es mir gemacht, einfach nur zu nicken...
Das Problem besteht aber genauso auf der »anderen Seite«. In einer aktuellen deutsche Studie werden Patienten gefragt: »Leiden Sie unter Angina pectoris?« Angina pectoris bezeichnet den Schmerz auf der Brust, den man spürt, wenn die Herzkranzgefäße nicht mehr richtig durchblutet werden. Dein Drittel der Patienten kann diese Frage beantworten. Ein Drittel glaubt zu wissen, die Frage beantworten zu können, kann auf Nachfrage aber nicht genau erklären, was Angina pectoris genau ist. Das letzte Drittel gibt an, den Begriff nicht zu kennen. Ähnlich erging es in der Studie auch dem Body-Mass-Index, dem Teerstuhl, dem Ödem und den Refluxbeschwerden.
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